Früher hörte ich meine Großmutter am Telefon sagen: „Ja, is’ gut!“. Zumindest habe ich diese Worte von ihr in meiner Erinnerung abgelegt. Damit bestätigte sie nur, dass ich zu einer bestimmten Zeit, etwa zur Teestunde, vorbeikommen könnte. Also zu einer wahrlich guten, passenden Zeit.
Das Gute kann manchmal auch bloß ausreichend sein: Laut dem Online-Nachschlagewerk OWID, betreut vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, ist seit den Nullerjahren die verwandte Wendung „Und gut is‘“ im Gebrauch. Umschrieben wird sie folgendermaßen:
es ist ausreichend, man sollte es dabei belassen
Der „Belegblock“ legt nahe, dass die Wendung schon vor dem Jahr 2000 existierte. Vielleicht ist sie ja entscheidend dadurch beflügelt worden, dass kurz vor der Jahrtausendwende Berlin Bundeshauptstadt wurde. Ich kann mir lebendig vorstellen, dass die vorwiegend in der mündlichen Sprache kursierende Floskel dort, wo massiv investiert wurde, in die Lande exportiert wurde. Besser lässt sich alltagstaugliche Schnoddrigkeit einfach nicht in Worten ausdrücken. In einem Geschäft könnte die Geburtsstunde (zumindest die in Lettern dokumentierbare) geschlagen haben, wenn man sich folgenden Beleg anschaut:
[eine] Verkäuferin, die mich an der Kasse eines […] Lebensmittelmarktes ungehalten auffordert, beim Einkauf nicht so viele verschiedene Mineralwasser zu wählen: “Nehm ‘se sich ‘ne Kiste von einer Sorte und gut is’. Da kommt man ja ganz durcheinander mit den Preisen und is’ doch sowieso alles die gleiche Plempe.” (taz, 14.05.1999)
Am 09.08.2022 verwendete eine Variante, nämlich „Und fertig is‘“,
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in einem Fernsehinterview im ZDF-heute-journal, als es um das sensible Thema der im Herbst 2022 neu zugelassenen Impfstoffe ging. Spätestens seit diesem Interview ist mir klar, dass dieser Phraseologismus in der deutschen Sprache etabliert ist. Im größeren Kontext verwendete der Minister das Adjektiv ‚simpel’ in der Absicht, für mehr Klarheit zu geplanten Schutzregeln in Verbindung mit dem Impfstatus-Nachweis zu sorgen.
An was lässt mich diese Wendung noch denken? Spontan fällt mir ein Instant-Getränk ein, das auch nach dem Motto „Und fertig ist es“ zubereitet werden kann. Es geht darum, möglichst schnell zum Ergebnis zu kommen, ohne dass der Prozess sich zu lange in die Länge zieht. Es schwingt ein gewisses Genervt-Sein mit hinein, dass auch im zitierten Beleg schön herauskommt.
Für mich bleibt es merkwürdig, dass das mickrige, semantisch leere und dazu noch dialektal markierte „is‘“ an das Ende eines Hauptsatzes gestellt wird, ohne jegliches Pronomen oder Substantiv. Was ist eigentlich gut? Man scheint das Urteil des Gegenüber vorweg zu nehmen. Dass ‚gut’ bzw. ‚fertig’ eine gewisse Simplizität beanspruchen (in einem gewissen Äußerungs-Moment), macht die Sache auch nicht leichter. Auch dieses Belassen von etwas ist trügerisch: Understatement oder Bescheidenheit klingt jedenfalls anders (der Ton macht die Musik!). Das „gut“ ist deswegen als Urteil mehr als fragwürdig. Es wird entwertet, denn es klingt nach: Hauptsache, etwas ist ‚fertig’. Klar, wenn etwas fertig ist, dann können wir sagen: Gut so! Eine Erledigung, mag sie noch so banal sein, ist produktiv! Scheint in „Und gut is‘“ nicht auch „Es reicht!“ durch, was wiederum Ärger ausdrückt? Das Verb ‚reichen’ reicht eben nicht immer aus, um jemanden zufrieden zu stellen. So wie im Belegbeispiel: Gut ist es, wenn ich jetzt die Sache (also den Getränkeeinkauf) beende, es reicht! Alternativ ließe sich noch sagen: Punkt. Aus. Ende.
Im erwähnten Fernsehinterview ist die Wendung „Und fertig is‘“, bei 5’40” zu hören.
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